"650 Euro pro Seite für Webdesign" – als mir ein Agenturinhaber neulich sein Angebot zeigte, musste...
Warum dein Leistungsportfolio potenzielle Kunden vergrault
Und wie du mit Klarheit, Wirkungskraft und Lösungsorientierung Premium-Kunden gewinnst
„Was genau macht ihr eigentlich?" Diese Frage bekam Stefan, Geschäftsführer einer etablierten Werbeagentur, öfter, als ihm lieb war. Auf seiner Website standen Leistungen wie „Branding", „Marketing", „Social Media", „Webdesign" und „Beratung". Alles da, alles drin. Und genau deshalb verstand niemand, wofür seine Agentur wirklich stand.
Stefan ist kein Einzelfall. Die meisten B2B-Dienstleister – ob Werbeagenturen, SaaS-Anbieter oder Beratungsunternehmen – machen denselben Fehler: Sie listen auf, was sie können, statt zu kommunizieren, welche Probleme sie lösen.
Das Ergebnis? Interessenten sind verwirrt, Anfragen sind unqualifiziert, und Verkaufsgespräche enden in Preisdiskussionen. Heute zeige ich dir, warum dein Leistungsportfolio vielleicht der Grund ist, dass die richtigen Kunden an dir vorbeigehen – und wie du das änderst.
INHALT |
Das Problem mit dem Leistungskatalog-Ansatz
„Wir bieten Full-Service-Marketing" – klingt gut, oder? Tut es nicht. Für deine potenziellen Kunden klingt es nach: „Wir machen alles, also wahrscheinlich nichts richtig."
Das Problem bei den meisten Leistungsportfolios: Sie sind aus der Innenperspektive geschrieben. Du zeigst, was du anbietest, welche Tools du nutzt, welche Prozesse du hast. Aber der Kunde fragt sich: „Was habe ich davon? Löst das mein konkretes Problem?"
Die versteckten Kosten eines unklaren Portfolios:
1. Interessenten verstehen nicht, ob du für sie der Richtige bist
„Digitale Transformation", „Ganzheitliche Beratung", „Strategische Kommunikation" – solche Floskeln sagen nichts aus. Der Kunde kann nicht einschätzen, ob du sein spezifisches Problem lösen kannst.
2. Du ziehst die falschen Anfragen an
Wer zu viel anbietet, bekommt Anfragen für alles – auch für Projekte, die nicht rentabel sind oder nicht zu deinen Stärken passen. Zeit wird mit Anfragen verschwendet, die nie zu Aufträgen werden.
3. Du konkurrierst über den Preis
Ohne klare Differenzierung wirst du mit jedem Anbieter verglichen, der „auch sowas macht". Der Billigste gewinnt. Deine Expertise spielt keine Rolle mehr.
4. Deine Verkaufsgespräche sind ineffizient
Jedes Gespräch beginnt bei Null: „Erzählen Sie mal, was brauchen Sie denn?" Statt dass der Kunde bereits mit einer klaren Vorstellung kommt, musst du in jedem Gespräch von vorne anfangen.
5. Du wirst nicht weiterempfohlen
Menschen empfehlen Spezialisten weiter: „Wenn du eine SaaS-Lösung für Vertriebsteams brauchst, ruf Maria an." Aber nicht: „Die machen irgendwas mit Software."
Die drei Fehler eines schwachen Portfolios
1. Du beschreibst Leistungen statt Ergebnisse
Schwach:
„Wir entwickeln individuelle SaaS-Lösungen mit modernster Technologie."
Stark:
„Wir automatisieren Ihre Vertriebsprozesse, sodass Ihr Team 30% mehr Abschlüsse bei gleichem Zeitaufwand erzielt."
Merkst du den Unterschied? Das erste beschreibt, was ihr tut. Das zweite beschreibt, was der Kunde am Ende hat. Kunden kaufen keine Leistungen – sie kaufen Ergebnisse.
2. Du bist zu vage in der Zielgruppe
Schwach:
„Für Unternehmen, die wachsen wollen."
Stark:
„Für SaaS-Startups zwischen Serie A und B, die von 20 auf 50 Mitarbeiter skalieren und ihre Go-to-Market-Strategie professionalisieren müssen."
Je präziser deine Zielgruppe, desto schneller erkennen die richtigen Kunden: „Das bin ich! Das ist mein Problem!" Und ja, du schließt damit auch Kunden aus. Das ist gewollt.
3. Du versteckst deine Spezialisierung
Viele Dienstleister haben Angst, sich zu spezialisieren – aus Sorge, Kunden zu verlieren. Das Gegenteil ist der Fall: Spezialisierung macht attraktiv.
Ein Beispiel aus der Beratungsbranche:
- Generalist: „Wir beraten Unternehmen bei Digitalisierung"
→ Tagessatz: 800 Euro - Spezialist: „Wir digitalisieren Kernprozesse für mittelständische Fertigungsunternehmen"
→ Tagessatz: 1.800 Euro
Gleiche Kompetenz, doppelter Preis. Der Unterschied? Klarheit.
Der Unterschied zwischen Leistungen und Lösungen
Die meisten Portfolios sind leistungszentriert: Sie listen auf, was angeboten wird. Erfolgreiche Portfolios sind lösungszentriert: Sie zeigen, welche Probleme verschwinden.
Beispiel Werbeagentur:
Leistungszentriert (schwach):
- Logodesign
- Corporate Design
- Webdesign
- Social Media Management
- Content Creation
- SEO-Optimierung
Lösungszentriert (stark):
„Markteinführung für B2B-Startups"
Du hast ein innovatives Produkt entwickelt, aber niemand versteht, was es kann? Wir machen aus deiner Technologie eine Marke, die sofort Vertrauen schafft und kaufbereite Kunden anzieht.
Was du bekommst:
- Eine Markenidentität, die auch ohne Erklärung funktioniert.
- Eine Website, die aus Besuchern Leads macht.
- Content, der deine Expertise sichtbar macht.
- Eine Go-to-Market-Strategie für die ersten 6 Monate.
Ergebnis: Nach 90 Tagen hast du eine professionelle Marktpräsenz, die bereit für Skalierung ist.
Siehst du den Unterschied? Das zweite Beispiel beschreibt nicht nur, was gemacht wird – es zeigt, für wen es ist, welches Problem es löst und was am Ende dabei herauskommt.
Praxisbeispiel: Vom Bauchladen zur Premium-Positionierung
Zurück zu Stefan und seiner Werbeagentur. Sein ursprüngliches Portfolio sah so aus:
Vorher:
- Branding & Corporate Design
- Webentwicklung (WordPress, Custom)
- Social Media Marketing
- Content Marketing
- SEO & SEA
- Printdesign
- Beratung & Strategie
Preis: „Kommt auf den Aufwand an."
Zielgruppe: „Alle, die Marketing brauchen."
Problem: 80% der Anfragen waren Preisanfragen für einzelne Leistungen.
Die Transformation:
Wir analysierten, bei welchen Projekten Stefan am meisten Erfolg hatte. Die Antwort: B2B-Startups nach der Seed-Phase, die vom Entwicklermodus in den Vertriebsmodus wechseln mussten.
Sein neues Portfolio:
„Market-Ready in 90 Tagen"
Das Markteinführungs-Programm für B2B-Tech-Startups.
Phase 1 (Tage 1-30): Markenfundament
- Positionierungs-Workshop: Wofür steht ihr wirklich?
- Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse
- Markenidentität: Name, Logo, Farben, Tonalität
- Messaging-Framework: Eure 3 Kernbotschaften
Phase 2 (Tage 31-60): Digitale Präsenz
- Conversion-optimierte Website (inkl. CMS)
- LinkedIn-Strategie für Founder und Company
- Sales Deck und Pitch-Materialien
- Lead-Magnet entwickeln
Phase 3 (Tage 61-90): Go-to-Market
- Content-Kampagne für Launch
- Paid-Media-Strategie (LinkedIn, Google)
- PR- und Outreach-Konzept
- Performance-Tracking-Setup
Ergebnis: Nach 90 Tagen bist du marktfertig – mit einer professionellen Marke, einer Website, die konvertiert, und einem klaren Plan für Kundengewinnung.
Investition: 45.000 Euro (statt vorher: „Hängt davon ab, was Sie brauchen")
Die Ergebnisse nach 6 Monaten:
- 60% weniger Anfragen, aber 3x mehr qualifizierte Leads.
- Durchschnittlicher Projektumfang stieg von 8.000 auf 45.000 Euro.
- Verkaufszyklen verkürzten sich von 6 Wochen auf 2 Wochen.
- Keine Preisdiskussionen mehr – Kunden kaufen die Lösung, nicht die Stunden.
Die 7 Prinzipien eines starken Leistungsportfolios
1. Problemzentrierung schlägt Leistungszentrierung
Niemand kauft „Social Media Management". Aber viele kaufen „Mehr qualifizierte Anfragen durch strategische LinkedIn-Präsenz".
👉 Frage dich: Welches konkrete Problem löse ich? Wie würde mein Kunde dieses Problem beschreiben?
2. Spezifische Zielgruppe schlägt „alle"
„Für Unternehmen" ist keine Zielgruppe. „Für produzierende Mittelständler mit 50-200 Mitarbeitern, die ihre Produktion digitalisieren wollen" schon.
👉 Frage dich: Wer hat mein Lieblingsproblem am dringendsten? Wer zahlt am besten dafür?
3. Messbare Ergebnisse schlagen Prozessbeschreibungen
„Wir führen intensive Workshops durch" interessiert niemanden. „Nach dem Workshop wissen Sie genau, welche drei Prioritäten Sie in den nächsten 90 Tagen umsetzen" schon.
👉 Frage dich: Was hat der Kunde am Ende konkret in der Hand? Wie kann er den Erfolg messen?
4. Pakete schlagen Einzelleistungen
Ein 30.000-Euro-Paket verkauft sich leichter als 150 Beratungsstunden à 200 Euro. Warum? Weil Kunden in Lösungen denken, nicht in Stunden.
👉 Frage dich: Welche Leistungen gehören zusammen, um ein Problem vollständig zu lösen?
5. Klarheit schlägt Flexibilität
„Wir machen alles individuell" klingt kundenorientiert, ist aber Gift für dein Business. Standardisierung macht dich profitabler, schneller und besser.
Frage dich: Was kann ich als bewährten Prozess anbieten, statt jedes Mal von Null anzufangen?
6. Positionierung schlägt Sortimentbreite
Je enger dein Fokus, desto höher deine Preise. Ein Herzchirurg verdient mehr als ein Allgemeinmediziner – obwohl er weniger anbietet.
👉 Frage dich: Was mache ich besser als 95% meiner Konkurrenten? Wo erziele ich die besten Ergebnisse?
7. Verständlichkeit schlägt Fachsprache
„Wir optimieren Ihre Customer Journey durch datengetriebenes Content Marketing im Omnichannel-Setup" versteht kein Mensch. „Wir sorgen dafür, dass Ihre Kunden Sie online finden, verstehen und kaufen" versteht jeder.
👉 Frage dich: Würde mein 60-jähriger Onkel verstehen, was ich anbiete?
So entwickelst du dein wirkungsvolles Portfolio
Schritt 1: Analysiere deine profitabelsten Projekte
Schau dir deine letzten 20 Projekte an:
- Welche Kunden waren am zufriedensten?
- Bei welchen Projekten hattest du die besten Margen?
- Wo hast du die beeindruckendsten Ergebnisse erzielt?
- Welche Projekte liefen am reibungslosesten?
Das ist dein Sweet Spot. Alles andere ist Ablenkung.
Schritt 2: Definiere das Kernproblem
Frag dich nicht: „Was kann ich?" Sondern: „Welches Problem löse ich besser als andere?"
Ein SaaS-Anbieter könnte sagen: „Wir entwickeln Software." Oder: „Wir beseitigen manuelle Prozesse in Vertriebsteams, die durch Excel-Chaos Zeit verschwenden."
Letzteres ist ein konkretes Problem, das Menschen sofort verstehen.
Schritt 3: Pakettiere deine Lösung
Fasse zusammengehörige Leistungen zu einem durchdachten Paket zusammen:
- Was braucht der Kunde, um sein Problem wirklich zu lösen?
- In welcher Reihenfolge macht die Lösung Sinn?
- Welche Meilensteine gibt es?
- Was ist das konkrete Endergebnis?
Setze einen Pauschalpreis fest. Keine Tagessätze, keine Stundenabrechnungen.
Schritt 4: Kommuniziere Ergebnisse, nicht Prozesse
Niemand will wissen, wie viele Workshops du machst. Sie wollen wissen: Was habe ich danach?
Schwach: „Unser Programm umfasst 8 Module mit insgesamt 40 Stunden Beratung."
Stark: „Nach unserem Programm haben Sie eine erprobte Vertriebsstrategie, die bereits erste Kunden bringt."
Schritt 5: Teste und optimiere
Präsentiere dein neues Portfolio einer Handvoll idealer Kunden:
- Verstehen sie sofort, wofür es ist?
- Sehen sie sich selbst in der Zielgruppe?
- Erscheint ihnen der Preis angemessen?
- Können sie sich vorstellen, es zu kaufen?
Basierend auf diesem Feedback verfeinerst du dein Portfolio.
Der wichtigste Schritt: Mut zur Klarheit
Das Schwierigste an der Portfolio-Schärfung ist nicht die Entwicklung – es ist der Mut, alles andere loszulassen.
„Am Anfang hatte ich Angst, dass wir Kunden verlieren", erzählt Stefan heute. „Aber das Gegenteil ist passiert. Je klarer unser Angebot wurde, desto mehr richtige Kunden kamen zu uns. Und die falschen Anfragen hörten einfach auf."
Der Grund: Klarheit ist magnetisch. Menschen wissen sofort, ob du für sie der Richtige bist oder nicht. Das spart allen Zeit – und bringt dir genau die Kunden, die wirklich zu dir passen.
Ein unscharfes Portfolio ist wie ein verschwommenes Foto. Niemand will es sich genauer ansehen. Ein scharfes Portfolio hingegen zieht die Blicke auf sich. Menschen erkennen sofort: „Das ist für mich. Das brauche ich."
Die drei häufigsten Einwände (und warum sie Quatsch sind)
„Aber dann schließe ich doch viele Kunden aus!"
Ja. Genau das willst du. Du willst nicht mehr Zeit mit unpassenden Anfragen verschwenden. Du willst die Kunden, für die du der Beste bist – und die das auch wertschätzen.
„Aber was, wenn ich ein Projekt außerhalb meines Fokus machen möchte?"
Dann mach es. Dein Portfolio ist kein Gefängnis. Es ist deine Außendarstellung. Was du intern zusätzlich machst, steht auf einem anderen Blatt.
„Aber wir sind wirklich gut in mehreren Bereichen!"
Das mag sein. Aber deine Kunden kaufen Spezialisierung. Du kannst mehrere spezialisierte Angebote haben – aber jedes sollte klar umrissen sein.
Dein nächster Schritt
Nimm dir dein aktuelles Leistungsportfolio vor und stelle dir diese Fragen:
✓ Ist sofort klar, für wen mein Angebot ist?
✓ Beschreibe ich Probleme, die gelöst werden, oder Leistungen, die erbracht werden?
✓ Kann ein potenzieller Kunde erkennen, welches konkrete Ergebnis er bekommt?
✓ Ist mein Portfolio so klar, dass Kunden sich selbst qualifizieren können?
Wenn du mehr als zwei Fragen mit „Nein" beantwortet hast, kostet dich dein Portfolio jeden Tag Geld, Zeit und die richtigen Kunden.
Die Wahrheit ist: Du kannst die beste Expertise der Welt haben – wenn dein Portfolio nicht klar kommuniziert, wofür du stehst, wirst du mit Durchschnittsanbietern verglichen. Und dann gewinnt der Billigste.
Klarheit ist nicht nett zu haben. Klarheit ist das Fundament für Premium-Positionierung, höhere Preise und die Kunden, mit denen du wirklich arbeiten willst.
Die Frage ist nicht: „Was kann ich alles machen?"
Die Frage ist: „Was löse ich so gut, dass Menschen gerne dafür bezahlen – und mich weiterempfehlen?"